Distanz

Neben dem Bedürfnis nach Nähe existiert in jeder Partnerschaft auch das Verlangen nach Distanz, gefühlsmaßiger und auch körperlicher Art. Der Wechsel von Getrenntsein zur Gemeinsamkeit bildet ein belebendes Element in einer Beziehung.

Vor allem viele junge Ehefrauen klagen darüber, daß ihr Partner sich gefühlsmaßig zu stark distanziert. Auf der anderen Seite fühlen sich viele Männer durch das Verlangen der Frauen nach intimer Nähe bedroht. Solche Konflikte treten oft in den ersten Jahren einer Partnerschaft auf. In dieser Phase befinden sich beide Parteien häufig noch in deinem Stadium der Entwicklung zur sexuellen Intimität. Nach Erikson bildet sich erst im frühen Erwachsenenalter die Fähigkeit zur Kontaktaufnahme beziehungsweise die Neigung zur Isolation.

Bei fast allen Ehekonflikten stößt man immer wieder auf ein Bedürfnis nach Nähe, aber gleichzeitiger Furcht davor. Überwiegt die Angst, dann kann eine ständig wachsende Distanz zum vorherrschenden Element einer Beziehung werden, eine echte Gemeinsamkeit ist nicht mehr möglich, die Verbindung droht auseinanderzubrechen.

In vielen Beziehungen werden beträchtliche Energien dazu verwendet, gegenseitige Barrieren aufzubauen, die ein Näherkommen unmöglich machen, auch wenn das Verlangen nach Intimität noch vorhanden ist. Eine derartige Distanz bewirkt schon nach kurzer Zeit weitgehende Entfremdung.

Die Angst vor intimer Nähe ist fast immer mit einer nicht intakten, nicht voll entwickelten Persönlichkeit gekoppelt. Erst wer sich seiner eigenen Person sicher ist (Identitätsbewußtsein), ist reif für eine erfüllte Intimität. Er kann genügend Selbstlosigkeit und Hingabefähigkeit für eine angstfreie Annäherung an den Partner und genügend Stärke und Vertrauen für eine angstfreie Distanz zum Partner entwickeln und den Wechsel zwischen beidem als Bereicherung empfinden. Ein Grund dafür, daß viele junge Ehen scheitern ist, daß solche Voraussetzungen für eine Partnerschaft oft fehlen.

Die emotionale Unreife, die Beziehungen zur distanzierten Entfremdung treiben kann, zeichnet sich oft aus durch Furcht vor Verletzung und Furcht zu verletzen, durch Angst bloßgestellt zu werden, neurotische Schuldgefühle, unechte Intimität, feindselige Gefühle oder unbewußte Ängste.

Häufig wird in diesen Beziehungen auch einfach das Rollenschema der Eltern übernommen. Die festgelegten Rollenerwartungen machen eine echte Annäherung unmöglich.

Techniken zum Abbau von Distanz:

  1. Suchen Sie zusammen mit Ihrem Partner eine Barriere in Ihrer Beziehung, die für eine Annäherung hinderlich ist. Beginnen Sie mit einem Hindernis, das relativ klein ist, nicht gleich mit dem großen Problem.
  2. Konzentrieren Sie sich auf etwas, das sie anstelle der Barriere setzen wollen, nicht so sehr auf das Hindernis selbst.
  3. Denken Sie mehr an Brücken- statt an Barrieren-Bau.
  4. Bauen Sie die vorhandenen Stärken Ihrer Beziehung aus und seien Sie stolz darauf.
  5. Wenn Sie erste Erfolge bemerken, dann freuen Sie sich bewußt darüber. Erfolgserlebnisse motivieren zur Weiterarbeit.
  6. Setzen Sie sich nur erreichbare Ziele - Dinge, die Sie in den nächsten 24 Stunden tun können. Arbeiten Sie nur auf diese realistischen Ziele hin.
  7. Versuchen Sie nicht, Ihren Partner zu verbessern. Konzentrieren Sie sich darauf, Ihre Seite der Beziehung wiederaufzubauen, für die Sie verantwortlich sind und die Sie auch genügend übersehen.


(von Manfred Saniter)

 

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