Es ist hinreichend bekannt, daß zwar bei der Geburt das definitive Geschlecht somatisch feststeht (bis auf wenige Ausnahmen), aber eine allgemeine bisexuelle Veranlagung vorausgesetzt werden kann. Erst im Laufe der Entwicklung wird man auch psychologisch auf seine Gechlechtsrolle fixiert.
Einen weiteren Beitrag zum Verständnis der Bisexualität leistet die Hormonforschung. Jeder Mensch besitzt sowohl weibliche als auch männliche Hormone. Wieweit aber die Hormonverteilung oder aber die soziale Umgebung und die Rollenprägung für eine bisexuelle Veranlagung versantwortlich sind, läßt sich nicht unterscheiden.
Ein Grund für bisexuelle Praktiken in Paarbeziehungen ist wohl auch das Verlangen nach immer neuen Reizen und die Neugier sexuelle Experimente betreffend.
Es ist aber sehr unwahrschienlich, daß bisexuelle Aktivitäten von beiden Partnern als genußreich und befriedigend empfunden werden. Dazu müßten das Verlangen und die zusätzliche sexuelle Stimulierung bei beiden Partnern gleich stark sein. Ein solches Gleichgewicht ist aber sehr labil.
In den meisten Fällen, die in der einschlägigen Literatur beschrieben werden, liegt ein Ungleichgewicht vor, da nur selten bei beiden Partnern bisexuelle Neigungen in gleichgroßem Ausmaß vorhanden sind beziehungsweise meistens nur ein Teil den Schritt in die Praxis tut.
Der Zugewinn an sexueller Luststeigerung und seelischer Bereicherung ist dann zwangsläufig nicht gleichmäßig verteilt. Das bewirkt eine entscheidende Störung solcher Beziehungen, die dann auch nach kurzer Zeit auseinanderzubrechen pflegen.
Masters und Johnson sagen dazu: "Derartige Arrangements sind von Natur aus in einem labilen Gleichgewicht und dauern gewöhnlich, speziell wenn die Beteiligten noch ziemlich unreif sind, nicht allzu lange."
Das gilt nicht unbedingt für die zahlreichen Paarbeziehungen, in denen zwar latente bisexuelle Veranlagungen vorhanden sind, aber entweder nicht bewußt sind oder nie in die Praxis umgesetzt werden.
Hinreichend abegesichert ist auch, daß homosexuelle Erfahrungen in der Entwicklung (in Amerika bei 30 % aller Männer) sich keineswegs störend auf eine spätere heterosexuelle Beziehung auswirken müssen.
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