Genauso, wie unser erlerntes Verhalten durch Bestätigung (s. Bestätigung), positive Wertschätzung und durch materielle Belohnungen beeinflußt wurde und wird, nimmt die Ablehnung und Zurückweisung unerwünschter Eigenschaften einen wichtigen Stellenwert unter den verhaltensbeeinflussenden Variablen in einer Partnerschaft ein.
Ständig werden wir mit Bitten und Forderungen konfrontiert. Ablehnendes Verhalten ist ein wichtiger Faktor unseres Umgangsrepertoires. Die Unfähigkeit, "Nein" zu sagen, kann dazu führen, daß man Dinge tut, die man eigentlich gar nicht will.
Die Unfähigkeit, jemanden zurückzuweisen, ist oft mit der eigenen Angst, Ablehnung zu erfahren, verbunden. Bei vielen Menschen ist die Angst, sich abweisend zu verhalten, wesentlich größer, als die Angst, selbst zurückgewiesen zu werden.
Gerade in der Anfangsphase einer Partnerschaft kommt es vor, daß beide Teile ängstlich darum bemüht sind, jede Kritik und Ablehnung der Wünsche des anderen zu vermeiden. Man traut sich nicht, durch zurückweisendes Verhalten seinen Partner zu verletzen, weil man Angst vor den Folgen hat.
Die Angst, zu verletzen und verletzt zu werden, kann eine Partnerschaft erheblich beeinträchtigen. Falsch verstanden Rücksichtnahme zieht so eine mangelnde Offenheit (s. Offenheit) in der partnerschaftlichen Kommunikation nach sich.
Ein zurückweisendes Verhalten gehört auch zum Interaktionsspektrum einer Zweierbeziehung, wenn es mit echt dahinterstehenden Gefühlen einhergeht (s. Wahrheit).
Der Wunsch nach partnerschaftlichem Kontakt kann völlig unterdrückt werden, wenn die Furcht vor einer Zurückweisung ausreichend groß ist. Das ist besonders bei Menschen der Fall, die sich gerade von ihrem Partner getrennt haben. Die Angst vor einem erneuten Scheitern lähmt dann jede sozialen Fähigkeiten, die für eine Kontaktaufnahme erfoderlich sind.
Verhaltensdefizite und die damit verbundenen Ängste, in Bezug auf die Fähigkeit, Zurückzuweisen bzw. Zurückweisung zu erfahren, lassen sich mit Hilfe eines Selbstbehauptungs-Trainings (Assertivitäts-Training) oft bearbeiten.
Der Verhaltenstherapeut Joseph Wolpe sagt, daß das Selbstbehauptungstraining für Menschen geeignet ist, "deren zwischenmenschliche Beziehungen unangepaßte Angstreaktionen verursachen, welche sie hinwiederum davon abhalten, das zu sagen oder zu tun, was vernünftig oder gerechtfertigt ist." (J. Wolpe, Praxis der Verhatlenstherapie).
Das Assertitvitäts- oder Selbstbehauptungstraining fördert alle Gefühlsäußerungen, die sich von der Angst unterscheiden.
Das Verhalten, das im Rollenspiel eingeübt wird, scheint oft aggressiv zu sein. Eine berechtigte Wut oder Empörung - vorausgesetzt, die Gefühle sind stark genug - wirkt angstreduzierend. Man nimmt einen physiologischen Antagonismus (Gegensatz) zwischen Wut und Angst an. Außerdem wächst das Selbstwertgefühl (s. Selbstwertgefühl) durch die Einübung bestimtmer sozialer Situationenn, verbunden mit Erfolgserlebnissen und dem Lob des Therapeuten.
Das Selbstbehauptungstraining vermittelt grundlegende soziale Fertigkeiten. Die Aufgabe des Therapeuten ist, gewonnene Einsichten über das individuelle Fehlverhalten in die Tat umzusetzen. Dabei kann er im Rollenspiel (s. Rolle) z.B. den Platz der gefürchteten Kontaktperson einnehmen. Der Übende trainiert dabei unter Modellbedingungen, auf Zurückweisung angemessen zu reagieren.
Ein weiteres Lernziel ist, mit möglichst geringen Verletzungen der Gefühle des Partners, eine konstruktive Zurückweisungstechnik zu erlernen. Dabei sollte dem Partner vermittelt werden, daß man nur diesen einen Aspekt seines Verhaltens nicht akzeptiert, ihn aber als Persönlichkeit weiterhin schätzt. Selbsterfahrene Zurückweisung ist somit auch nicht als ein Generalangriff auf unsere Persönlihckeit zu werten. Sie kann sogar oft eine echte Hilfe bei der Etablierung unseres Selbstwertgefühls sein.
zurück zum Lexikon